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Category:
Fandom:
Relationship:
Language:
Deutsch
Stats:
Published:
2014-07-25
Updated:
2021-11-22
Words:
19,753
Chapters:
6/?
Comments:
14
Kudos:
32
Bookmarks:
3
Hits:
1,120

Eine unerklärliche Benjamin Blümchen Fan Fiction

Summary:

Hallo, lieber Leser!
Solltest du empfindlich sein, was Kindheitserinnerung und sexuelle Anspielungen auf Charaktere deiner Kindheitshelden angeht, solltest du diese Seite schnell wieder verlassen.
Wenn du ein bisschen Spaß verstehst, bleib ruhig hier und nimm mich nicht ganz so ernst.
Nichts rechtfertigt diese Fan Fiction. Und trotzdem gibt es eine Erklärung.
Und zwar habe ich neulich eine Benjamin Blümchen FF gelesen und sie war so grausam, dass ich kontern musste. Hier ist sie also.
Viel Spaß damit!

Chapter 1: in dem Otto alten Zeiten begegnet

Chapter Text

Otto knallte die Tür vom Schulgebäude hinter sich zu und stampfte, sauer auf sich selbst, über den Hof zum Parkplatz.
Gestern hatte er noch so ein gutes Gefühl gehabt. Die Deutschprüfung war perfekt gelaufen! Und heute hatte er seinem Lehrer schon nach fünfzehn Minuten die Arbeit auf den Tisch geklatscht und war geflohen. Mathe war noch nie sein Fach gewesen.
Unruhig fummelte er eine Zigarettenschachtel und ein Feuerzeug aus seiner Jackentasche und steckte sich eine an.
Das Abitur war unglaublich wichtig. Er durfte es nicht verhauen. Erstrecht nicht jetzt, wo er sowieso schon bei seinen Eltern auf der Kippe stand. Die ganzen letzten zwei Wochen hatte er Hausarrest gehabt, weil er zu oft zu spät nach Hause gekommen war.
Nervös trat er von einem Fuß auf den anderen. Wie sollte er das seinen Eltern erklären? Gewiss würden sie fragen, wie die Prüfung gelaufen war. Was sein Gefühl war, wie er vorangekommen war, ob das Lernen geholfen hatte. Die Nachhilfestunden, die seine Eltern bezahlt hatten und zu denen Otto nie gegangen war. Zumindest nicht zum Lernen...

//Warum kommt das jetzt? Warum bereue ich es jetzt, wo ich die Prüfung hinter mir habe?//

Er konnte jetzt nicht nach Hause gehen. Nie und nimmer. Er würde am Abend gehen und sagen, alles sei okay und er wolle nur ins Bett, weil er noch mit Freunden Fußball spielen gewesen war.
Gedankenverloren schlenderte er durch Neustadt und fand sich plötzlich vor dem Zooeingang wieder.
Seit sechs Jahren war er nicht mehr hier gewesen. Er war auf eine neue Schule gekommen, hatte neue Freunde gefunden. Neue Feinde, die ihn für seine Freundschaft mit Benjamin Blümchen, dem stadtbekannten sprechenden Elefanten verspottet hatten. Seit dem hatte er seinen besten Freund nur noch selten im Zoo besucht und irgendwann gar nicht mehr. Ob es ihm gut ging?
Natürlich. Wenn nicht, hätte er davon schon in der Zeitung gelesen. Alles was er wusste war, dass Benjamin jetzt fest als Stadtplaner im Rathaus (oder besser in der Garage des Rathauses) arbeitete und oft großes Lob für seine Taten bekam. Erst letztes Jahr hatte er ein ökologisches Mitmach-Museum für Kinder am Rande von Neustadt eröffnet. Zuvor hatte sich das Gebäude unfreiwillig als ein nicht ganz legales Übungslager für das Militär zur Verfügung gestellt gehabt.
Sofort hatte Otto ein schlechtes Gewissen. Benjamin war immer so gut zu ihm gewesen und dann hatte er ihn verstoßen, weil er ihm peinlich gewesen war. Sowas war kein guter Freund und Benjamin war bestimmt todtraurig gewesen.

Entschlossen betrat Otto den Zoo, bezahlte wie ein normaler Besucher (was er ja jetzt war) den Eintritt von lächerlichen drei Euro und schlurfte in Richtung Elefantenhaus.
Doch er hatte Zweifel. Was war, wenn Benjamin wütend auf ihn war, ihn nicht mehr sehen wollte und ihn rausschmiss?
Doch es war schon zu spät. Herr Tierlieb hatte ihn gesehen und lief aufgeregt gestikulierend auf ihn zu.

"Otto! Nein, bist du es wirklich? Lass dich ansehen. Was bist du erwachsen geworden."
"Hallo, Herr Tierlieb. Schön, Sie so erfreut zu sehen. Geht es Ihnen gut? Was macht das Rheuma?"
"Oh, du weißt ja, mein Junge. Man wird nicht jünger. Es tut mir unheimlich leid, Otto, aber ich muss weiter. Ich bin auf dem Weg zum Nilpferdbecken, dort haben wir bald Nachwuchs und das Becken muss vergrößert werden. Nino und Nina bekommt eine Tochter, und zwar schon im September! Aber wir sehen uns hoffentlich später noch. Ich habe übrigens auf meinem Weg hierher einen sprechenden Elefanten gesehen, den du bestimmt toll finden würdest. Er kam gerade von der Arbeit und hat sich jetzt auf der Gänseblümchenwiese in die Sonne gelegt. Vielleicht schaust du mal vorbei?" Herr Tierlieb zwinkerte ihm neckisch zu und eilte in Richtung Nilpferdbecken.
Otto seufzte. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Etwas Abwechslung würde ihm ohnehin gut tun. Er musste diese Matheprüfung aus dem Kopf kriegen.
Also machte er auf dem Absatz kehrt und ging zur Gänseblümchenwiese. Er konnte den Elefanten schon von weitem sehen. Er schnarchte.

"Benjamin?", er räusperte sich, "Herr Blümchen?"
Aber der regte sich nicht.
"BENJAMIN!" brüllte Otto in das riesige Ohr seines Freundes - seines ehemaligen Freundes.
Der schreckte hoch.
"Wie? Was? Och, Otto. Ich hab grade so schön geschlafen. Ich hab von Zuckerstückchen geträumt. Lass mich noch fünf Minuten-" er stockte. Jetzt setzte er sich auf und starrte Otto ungläubig an.
"Otto?"
"Hey, Benjamin.", sagte Otto verlegen, "Na?"
Benjamin sagte nichts. Vielleicht war hier eine Entschuldigung angebracht.
"Hör mal, Benjamin. Ich glaube - nein, ich weiß, ich muss mich bei dir entschuldigen. Ich habe mich damals mit den falschen Leuten angefreundet und habe mich dir gegenüber kindisch verhalten und es dann schleifen lassen. Ich erwarte nicht von dir, dass du mir verzeihst..." , Otto machte eine kurze Pause, "...ich wollte nur sehen, wie es dir so geht und was es Neues gibt."
Benjamin saß immer noch nur mit offenem Maul da. Endlich sagte er etwas:
"Du bist...", er schluckte, "Du bist erwachsen geworden. So groß und vernünftig."
Otto kicherte.
"Ja, war ich denn als Kind noch nicht vernünftig?" Jetzt kicherte auch Benjamin.
Sie nahmen sich in den Arm. Wenn man das bei einem ausgewachsenen Elefanten und einem Menschen so sagen kann.

Eine halbe Stunde später saßen sie bei Karl im Wärterhäuschen und tranken einen Tee.
"Nun erzähl mal, Otto.", sagte der, "was machst du jetzt so?"
"Abitur", sagte Otto etwas verlegen, immer noch ein bisschen beunruhigt wegen Mathe, "nichts aufregendes also. Aber ich bin ja hergekommen, um Neues von euch zu hören. Herr Tierlieb hat von Ninos Tochter erzählt und in der Zeitung habe ich von dem ökologischen Museum gehört. Was ist denn damit?"
"Abitur, hui.", staunte Karl, "ein fixer Junge warst du ja schon immer. Ja, Nino und Nina bekommen ihr zweites Junges. Nana Nilpferd hat uns vor drei Jahren verlassen. Da war Platz für das erste und Nina. Aber jetzt müssen wir erweitern. Das wird eine ganze Menge kosten."
"Dafür schien mir Herr Tierlieb aber ganz gut gelaunt zu sein."
"Na ja, er hat dich ja auch nach Jahren das erste Mal wieder gesehen", bemerkte Benjamin. Das stimmte natürlich.
"Na, Benjamin, nun erzähl Otto doch mal von dem Museum!"
"Da gibt es eigentlich nicht viel zu erzählen. Ich arbeite jetzt seit einem Jahr bei der Stadtplanung. Eine Dame hat sich an den Bürgermeister gewendet und sich über den Lärm beschwert, der immer aus einem alten, verlassenen Gebäude kam. Schüsse und Geschrei. Außerdem bemerkte sie, dass es stank. Bürgermeister Pichler hat zunächst nichts davon wissen wollen, aber ich habe mich auf den Weg gemacht, um mir die Sachlage mal anzusehen.", Benjamin machte eine kurze Pause, um mit seinem Rüssel die komplette Portion Tee aus seiner ohnehin schon großen Schüssel zu schlürfen und in seinen Mund zu befördern, "Dann fand ich also heraus, dass das Militär hier Übungen machte. Sie übten schießen und Granaten werfen. Das alles mit echter Munition und ohne offizielle Genehmigung. Es stellte sich auch heraus, dass das auch keine offiziell vom Militär angeordneten Übungen waren, sondern ein paar Soldaten, die sich dort heimlich trafen. Das Gebäude war immerhin weit entfernt von der Innenstadt und in der Nähe wohnte nur eine alte Frau, die ihnen ungefährlich erschien. Sie hatten nur Spaß am Schießen."
Benjamin schnaubte verächtlich und fuhr dann fort: "Ich habe eine Weile auf den Bürgermeister eingeredet. Er hat mich schließlich verstanden, dem Militär ein offizielles Verbot oder sowas zukommen lassen und mir die Freiheit gelassen, was mit dem Gebäude passieren soll. Das ist immerhin mein Job. Na ja, und dann kam mir die Idee mit dem Mitmach-Museum. Ich habe das mal in einer anderen Stadt gesehen und fand die Idee toll. Wir haben hier nur eine Bildergalerie in Neustadt und die Kinder finden das heutzutage unheimlich langweilig. Wenn sie schon was lernen sollen, dann soll es auch aufregend sein, haben sie mir gesagt. Und das ist es jetzt. Man lernt eine ganze Menge über die Natur und das Gebäude wird natürlich mit Solarenergie versorgt. Ich bin ziemlich stolz auf mein Werk."
"Das kannst du auch sein, Benjamin", strahlte Otto, "Ich bin auch stolz. Die alte Dame ist mit Sicherheit auch erleichtert."
"Und wie", meldete Karl sich, "Sie hat unserem Zoo eine Spende zukommen lassen. Tausend Euro! Damit dürfte zumindest ein Teil der Beckenerweiterung gedeckt sein. Einen kleinen Part übernimmt auch die Stadtplanung." Er zwinkerte Benjamin zu.

Nachdem sie eine Weile über alte Zeiten gelacht hatten, klingelte, oder besser trompetete ein Handy.
"Du hast ein Handy, Benjamin?", fragte Otto belustigt.
"Ich bevorzuge den Ausdruck 'Rüsselfon'"
Und wirklich. Das Handy sah aus wie ein kleiner Rüssel, den Benjamin sich ins Ohr steckte.
"Hallo? Ja, selbstverständlich." Er verschwand nach hinten.
"Es hat eine Sprachfunktion, die recht gut funktioniert. Benjamin braucht also die Nummern nicht zu wählen, sondern spricht sie einfach ins Mikrofon. Eine Sonderanfertigung vom Elektroniker "Spott & Billig" in der Innenstadt. Herr Spott hat sie Benjamin zum letzten Geburtstag geschenkt. Für die neue Internetleitung, um die er sich gekümmert hat. Toll, was?"
Otto nickte lächelnd. Karl war immer noch der alte. Er hatte sich immer rührend um den einzigen Elefanten des Zoos gekümmert und war auch sonst immer sehr nett gewesen. Man sah ihm zwar an, dass er die Dreißig inzwischen erreicht hatte, aber ansonsten sah er recht glücklich aus.
Es beruhigte Otto, dass seine Freunde auch ohne ihn klar gekommen waren.
Benjamin trampelte wieder hinein.

"Entschuldigt bitte, Otto, Karl. Ich muss nochmal ins Rathaus. Dort ist ein Herr, der einfach nicht locker lässt. Er will mich verklagen, wenn ich nicht sofort dort antanze."
"Wie bitte?", polterte Karl, sodass Otto ein wenig zusammen zuckte, "Wofür denn?"
"Für das Tierheim, das ich wieder in Gang gebracht habe. Ihn stört der Lärm. Außerdem beschwert er sich, dass die Stadtplanung von einem geleitet wird, der selbst ein Tier ist. Angeblich bin ich ihm nicht intelligent und neutral genug. Komischer Kauz. Ich bin dann mal weg. War schön, dich wieder zu sehen, Otto. Du kommst doch noch mal vorbei?"
"Aber natürlich, Benjamin. Jetzt habe ich ja bald erst mal Ferien. Geh du nur, und viel Glück!"
"Danke!", rief der Elefant, der schon auf dem Weg war. Er hatte ein ganz schönes Tempo drauf.
"Du bleibst aber noch ein bisschen, oder?", fragte Karl fast bestimmend, "ich habe heute nichts zu tun. Ein neuer Wärter wird heute eingewiesen, weil Wärter Franz in den Ruhestand geht. Da werden die Tiere versorgt. Die meisten Besucher sind heute bei der Jubiläumsveranstaltung von der Feuerwehr. Wenn du jetzt gehst, bin ich allein und langweile mich."
Otto lächelte. Warum eigentlich nicht? Karl hatte er auch sehr vermisst. Das wurde ihm alles eigentlich erst jetzt bewusst.
"Klar", sagte er dann freundlich, "Wenn du noch eine Tasse Tee für mich hast?"
"Oh, selbstverständlich. Ich mache noch welchen."
Karl sprang auf seine Füße und setzte den Wasserkocher auf. Über dem Geräusch musste er seine Frage fast schreien:
"Was hat dich eigentlich dazu bewogen, uns heute im Zoo besuchen zu kommen? Eine plötzliche Eingebung?"
"Sozusagen", brüllte Otto zurück, "ich bin durch Neustadt geschlendert und stand plötzlich vor dem Zootor. Ich dachte, ich geh mal rein. Tja, und hier bin ich."
"Ich freue mich!", schrie Karl wieder. Sie schwiegen ein Weilchen, bis der Wasserkocher klickte. Karl goss den Tee auf und setzte sich wieder zu Otto. Sie sahen sich in die Augen.
"Irgendwas ist doch mit dir, Otto", sagte Karl dann besorgt, "Du guckst so traurig, schon die ganze Zeit. Ist was passiert?"
Otto musste ein wenig lachen. Er war also doch so durchsichtig.
"Ich erzähle es dir unter einer Bedingung."
Karl nickte und Otto fuhr fort:
"Versuch nicht, mir Ratschläge zu erteilen. Du darfst mir gern in den Hintern treten und mit mir schimpfen, aber sag mir nicht, wie ich es hätte besser machen können, oder was ich machen soll."
"Eine etwas seltsame Bedingung, Otto, aber ich werde versuchen, mich zurück zu halten. Nun schieß mal los."
Otto holte tief Luft.
"Gut. Ich hab heute die Matheprüfung verhauen."
"Wer sagt das?"
"Ich! Ich habe kaum etwas geschrieben, die meisten Aufgaben übersprungen und nach fünfzehn Minuten abgegeben. Dann bin ich getürmt. Das kann nichts werden."
Karl pfiff durch die Zähne.
"Sehr gut gemacht, Otto. Kannst du die Prüfung nicht wiederholen?"
Otto hob eine Augenbraue.
"Ich kann in die mündliche Nachprüfung gehen und versuchen, noch ein paar Punkte rauszuhauen. Durchfallen werde ich schon nicht. Bei Deutsch, Geschichte und Philosophie habe ich ein gutes Gefühl und für die Englischklausur morgen habe ich auch keine ernsten Bedenken."
"Wo ist dann dein Problem? Nobody's perfect!"
"Das erklär mal meinen Eltern."
"Sind die so streng? Du hast selten von ihnen erzählt."
"Seit ich auf der neuen Schule bin, ja. Ich bin am Anfang mit den falschen Leuten in Kontakt gekommen und habe viel Mist gebaut. Seit dem darf ich mir nichts mehr erlauben. Auch, wenn ich mit den Jahren vernünftiger geworden bin."
Karl schmunzelte.
"Du als ungezogener Bengel? Das kann ich mir gar nicht vorstellen." Beide lachen.
"Danke, Karl."
"Wofür denn?"
"Einfach fürs Zuhören."
"Du hast mir ja genaue Anweisungen gegeben. Das kannst du gut; vielleicht solltest du mal in einer Führungsposition arbeiten."
"Aber bitte nichts mit Mathematik.", sagte Otto grinsend. Karl half ihm sehr.
"Weißt du denn schon, was du machen willst?"
"Ich soll ja studieren. Geschichte würde mich interessieren oder Sprachwissenschaften. Aber andererseits habe ich da gar keine Lust zu. Ach, ich weiß auch nicht. Mal sehen. Man kann Studiengänge ja abbrechen."
"Werd doch Tierwärter", schlug Karl vor.
"Haha, lieber nicht. Da bin ich viel zu faul für. Benjamin hat mich geprägt."
"Ich meine es ernst, Otto. Vielleicht machst du hier eine Ausbildung. Studieren kannst du immer noch. Wir könnten noch jemanden gebrauchen. Jetzt, wo Wärter Franz in Ruhestand ist und wir den Zoo erweitern. Du könntest dein eigenes Geld verdienen. Unabhängig werden. Dir dein erstes Auto kaufen. Hör mal, das wäre doch toll! Herr Tierlieb würde dich sofort einstellen. Es ist immer besser, ein wenig in einen Beruf reinzuschnuppern. Lass es dir mal durch den Kopf gehen."
Otto nickte und dachte nach. An sich hatte Karl recht. Und irgendwann musste er sowieso ins Berufsleben gehen. Und Geld verdienen wollte er ohnehin gern. Nicht immer das Zigarettengeld von seinen Eltern schnorren, wenn sein Taschengeld knapp wurde. Ein eigenes Auto...oder lieber ein Motorrad? Darauf würde er sparen. Aber er wollte nicht sofort zusagen. Was, wenn er sich am anderen Tag um entscheiden würde? Er war immerhin wirklich faul. Andererseits war es genau das Richtige, um die Faulheit abzuschütteln.
"Die Idee ist gut, Karl. Lass mich mit meinen Prüfungen durch sein, dann gebe ich dir höchstpersönlich Bescheid." Sie lächelten sich an.
"Ich will dich zu nichts zwingen, Otto, das weißt du doch. Es ist deine Entscheidung. Du musst ja auch keine Ausbildung im Zoo machen. Vielleicht findest du etwas anderes interessanter. Ich meine nur, dass du Tiere immer sehr gemocht hast."
"Das sollte man meinen, ja."
Sie hielten einen Moment inne. Otto musste sich nach so vielen Ideen erst einmal sammeln. Worüber Karl nachdachte, wusste er nicht. Warum eigentlich nicht?
"Sag mal, Karl, wie geht es dir eigentlich? Wir haben den ganzen Nachmittag nur von mir und Benjamin geredet."
"Na ja, du weißt ja. In meinem Leben passiert nicht viel, es sei denn, Benjamin passiert etwas", er zwinkerte.
"Aber du hast doch noch ein Leben außerhalb vom Zoo! Spielst du noch Fußball?"
"Allerdings, ja. Ich bin immer noch Torwart. Wir haben viele neue Spieler und einen neuen Trainer. Das ist im Moment schwierig; man muss sich erst kennen lernen und sich im wahrsten Sinne des Wortes aufeinander einspielen. Das letzte Spiel haben wir verloren. Aber so ist das im Fußball. Man gewinnt, man verliert."
"Und sonst? Was macht die Liebe?"
Karl schaute verlegen an die Decke.
"Du bist verliebt, Karl?", Otto wurde Feuer und Flamme, "Nun schieß schon los!"
"Nein, nein. Das ist es nicht. Ich war verliebt. Letztes Jahr. Es ist etwas chaotisch ausgegangen und seit dem war da keiner mehr. Leider."
"Das tut mir leid."
"Das muss es nicht. Es hat einfach nicht gepasst."
"Wer war es denn, wenn ich fragen darf?"
"Karla Kolumna."
"Du machst Witze!", staunte Otto ungläubig.
"Sehe ich so aus?", Karl lachte kurz, "Sie hat mich mit einem Reporter betrogen und ist mit ihm dann nach Amerika gezogen. Wie gesagt, es war etwas chaotisch. Letztendlich war sie gar nichts für mich. Ich habe sie nicht wirklich geliebt, aber es hat mir trotzdem weh getan. Es ist nicht schön, von einem Menschen betrogen zu werden, dem man vertraut."
Das war allerdings eine Neuigkeit. Keine, die man sofort ausposaunt. Otto war froh, das Karl ihm so weit traute, dass er es ihm auch nach sechs Jahren Funkstille erzählte.
Der Zoowärter sah recht gelassen aus.
"Ich bin darüber hinweg, weißt du?", sagte er, "Man lebt weiter. Ich habe viele Freunde, die mich aufmuntern. Sogar einen ganzen Zoo voll mit Freunden!", er grinste, "Das kann auch nicht jeder von sich behaupten."
"Ganz bestimmt nicht. Du findest schon wieder jemanden.", Otto klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter.
"Möchtest du noch Tee?"
"Danke, nein. Ich muss gleich los, meine Mutter wartet mit dem Essen. Kann ich nochmal deine Toilette benutzen?"
"Aber natürlich. Du weißt noch wo sie ist?"
"Aber klar doch!"

Zum Abschied hatten sie sich freundschaftlich umarmt und Otto hatte versprochen, morgen nach der Englischklausur wieder vorbei zu kommen.
Der Nachmittag hatte gut getan und auf seinem Weg nach Hause überlegte er, warum er nicht schon vorher hingegangen war. In seiner Kindheit hatte er durch Benjamin, Karl, Karla und Herrn Tierlieb die besten Freunde gehabt, die man sich nur wünschen konnte. Jetzt, mit 18 Jahren, hatte er kaum noch einen Freund oder eine Freundin. Es waren eher Bekannte, mit denen er in der Schule abhing. Aber jetzt, wo die Schule bald aus war, würde das auch aufhören. Und dann würde er niemanden mehr haben.
Ein Grund mehr, öfter mal im Zoo vorbei zu schneien.

"Ich bin zuhause!", rief Otto, als er die Haustür hinter sich schloss.
"Hallo, Schatz!", seine Mutter stand beschürzt in der Küche und hielt ein Kartoffelmesser in der Hand, "Wie war Mathe?"